"Dicke Eiche","Grenzeiche">
Die Dicke Eiche
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Kurve in der Meerkatz: Hier stand früher die Dicke Eiche |
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Auf dem Foto von1955 sieht man v. l. n.
r. Karl Scherhag (mit Axt), Jakob Frank, Hans Frank, ein
"Gastarbeiter" aus einem Nachbardorf, Heinrich Giefer
(Gastwirt) und Förster Diesner beim
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Die „Dicke Eiche“ in Immendorf
Dort, wo in der Mehrkatz nahe dem Waldersdorf seit vielen
hundert Jahren die Gemarkungen von Immendorf und Ehrenbreitstein aneinander
stoßen, stand einst eine alte Grenzeiche auf lehmig-kiesigem Untergrund. Der
Baum er- und überlebte etliche Jahrhunderte, ehe er 1955 dem Ausbau der
damaligen B 49 weichen musste. Sein vorsichtig geschätzter Durchmesser von ca.
1,80 m lässt auf ein Alter von etwa 500 Jahren oder mehr schließen (genaue
Berechnungen sind wegen fehlender Überreste leider nicht mehr möglich). So
dürfen wir also mit hoher Wahrscheinlichkeit ihren Ursprung ins 15. Jahrhundert
datieren.
Nach heutigen Maßstäben würde der alte Baumriese sicher den
Schutzstatus eines Naturdenkmals genießen, 1955 aber wurde auf derartige Vorbehalte
noch wenig geachtet, sodass der Ausbau der „neuen Straße“ (die doch nur um ein
paar Meter hätte verschoben werden müssen) seinem Leben ein jähes Ende setzte. Der
Baum "behinderte" mit seinem riesigen Kronendach, dessen Durchmesser
25 bis 30 m maß, seinen Eicheln und dem gewaltigen Wurzelbereich den Ausbau der
Straße und musste weichen.
Könnte die „Dicke Eiche“ erzählen, wüsste sie uns sicher
vieles zu berichten, denn gerade in ihren späteren Jahren suchten viele
Menschen aus den umliegenden Ortschaften ihre Nähe, sei es als Ziel eines
Spaziergangs, als „Maibaum“, um darunter zu tanzen oder als markanter
Treffpunkt für … aber lassen wir das und begnügen uns damit, anzuerkennen, dass
so ein Baumdenkmal eben eine ganz besondere Anziehung auf uns ausübt.
Natürlich könnte die „Dicke Eiche“ auch aus ihren jüngeren
Jahren berichten.
Etwa ab dem 15.
Jahrhundert stand sie an der Grenze zwischen den Gemarkungen
Ehrenbreitstein, Immendorf und Helfenstein / Mühlenbach. Ob sie für ihre Aufgabe als „Grenzeiche“ gepflanzt worden
war oder ob die Grenze zufällig entlang des bereits ausgewachsenen Baumes
gezogen wurde, lässt sich nicht mehr mit Bestimmtheit sagen.
Fest steht aber, dass sie bereits ein stattlicher Baum im
Alter von mehr als 300 Jahren war, als 1789 der damalige Kurfürst Clemens
Wenzeslaus die Straße zwischen Trier und Frankfurt auf Druck der französischen
Regierung ausbauen ließ. Im Zuge
dieser frühen Straßenbaumaßnahme wurde auch das Teilstück zwischen der
Arenberger Kastanienbrücke (am Caritashaus) und der Brücke am Meerkatzbach in
unmittelbarer Nähe der „Dicken Eiche“ hergerichtet. Bis zu diesem Zeitpunkt
ging der gesamte Verkehr über die alte Montabaurer Straße entlang der
"Dreispitz". Von nun an zogen Warentransporte und Postkutschen ebenso
wie reisende Menschen direkt an ihrem Standplatz vorbei und brauchten nicht
mehr die unwegsamen durch große Steigungen geprägten Wege zu nutzen (z.
B. auch die Kniebreche in Ehrenbreitstein). Sie sah sie kommen und
gehen und die einstige Ruhe war zeitweise emsiger Betriebsamkeit gewichen.
Diese Betriebsamkeit wurde etwa 100 Jahre später noch
gesteigert, als illustre Gäste aus dem nahen Bad Ems, darunter Zar Alexander
II. von Russland, Kaiser Franz Josef
von Österreich und andere hohe Herrschaften der Anregung der preußischen
Kronprinzessin und späteren Kaiserin Augusta folgend mit ihren Kutschen die
Wallfahrtsanlagen des Pfarrers Johann Baptist Kraus in Arenberg besuchten.
Aus dem gleichen Grund kamen aber auch immer mehr pilgernde
Menschen aus dem Westerwald und den heute hessischen Gebieten, aus Thüringen
und Sachsen an der „Dicken
Eiche“ vorbei auf den „Roten Hahn“. Für viele mag der Baum möglicherweise sogar
der ersehnte Hinweis auf das nahende Ziel der Wallfahrt gewesen sein.
Als der Wallfahrtsbetrieb in den 50er/60er Jahren des 20.
Jh. nachließ, wurde der Betrieb auf der Straße an der „Dicken Eiche“ nicht etwa
weniger, denn längst hatte das Auto Einzug in den Alltag der Menschen gehalten
und beanspruchte immer mehr Raum für sich. Dies führte 1955 zu einem Straßenausbau,
da die Straße als Autobahnzubringer zur A 3 bei Montabaur genutzt wurde.
Dabei stand die "Dicke Eiche" dem Fortschritt im wahrsten Sinne des Wortes „im Wege“.
Im Januar 2015 hat der Verein "Schönes Immendorf e.V." in einer Vorstandssitzung beschlossen, dem Ort der alten "Dicken Eiche" nach 60 Jahren eine neue Zukunft zu geben. Wie man auf dem oberen Foto sehen kann, existiert vermutlich eine "Tochter" des alten Baumdenkmals, die allerdings im umliegenden Gelände ein wenig verloren dasteht. Durch die Fällung einiger zu dicht dahinter stehender jüngerer Wildkirschen und die Kappung mehrerer abgestorbener Äste der Eiche soll versucht werden, aus diesem Abkömmling der dicken Eiche einen neuen Solitär-Baum entstehen zu lassen.